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Linz: Schluss mit dem Sonderfach „Solarbau“
Mittwoch, 13. Oktober 2021, 16:00 Uhr

Helmut Krapmeier spricht alle Kolleginnen und Kollegen der Architektur und Architekturaffinen an:

Nur zu Eurer Information schicke ich Euch Informationen zu meiner offiziellen Abtrittsrede an der Kunstuniversität Linz. Ich erwarte nicht, dass jemand von Euch sich auf den Weg nach Linz macht, das ist völlig unnötig, für Euch gibt es da nichts Neues. Vor Jahren schon habe ich gesagt, dass diese Sonderlehrangebote „Solarbau“, „nachhaltiges Bauen“ beendet werden sollten. An der Kunstuniversität findet das nun statt. Markus Roithner und Walter Klasz haben voriges Jahr den Lehrauftrag für Hochbau bekommen, die Bauphysik ist in guten Händen. Damit ist zumindest in zwei Fächern meine Anregung bereits erfüllt.  

Immerhin habe ich 26 Jahre lang das Thema „Energie und Umwelt“ bei den Architekturstudierenden an der Kunstuni in Linz, seit 2013 an der FH Salzburg/Kuchl und als Gastdozent an zahlreichen anderen Universitäten platziert.

Den Grund für mein „Schluss mit dem Sonderfach Solarbau“, den ich allerdings offiziell erst am kommenden Mittwoch ausführlich präsentieren werde, schildere ich Euch kurz mit den wesentlichsten Eckpunkte meines Plädoyers, welches natürlich mit Fakten und Bildmaterial unterstützt wird:

1856 wurde erstmals von der Wissenschafterin Eunice Foote der Einfluss von CO2 auf den Temperaturanstieg in der Atmosphäre erkannt. Danach erforschten immer mehr Wissenschafter diesen Zusammenhang. Bereits 1941 warnt Hermann Flohn „… Damit wird aber die Tätigkeit des Menschen zur Ursache einer erdumspannenden Klimaänderung, deren zukünftige Bedeutung niemand ahnen kann."

Ich berichte, dass seit 1958 auf energiesparende Bauweise hingewiesen wird, dass Buckminster Fuller 1969 bereits jegliches Verbrennen fossiler Brennstoffe ablehnte, dass ab 1973 zahlreiche wissenschaftlich begleitete Bauprojekte bewiesen haben, mit wie wenig Energie komfortables Wohnen ermöglicht wird. Weltweit gibt es mittlerweile (leider erst) einige Tausend qualitätsgesicherte Gebäude, die gegenüber der heutigen Baupraxis nachweislich 80% weniger Energie zum Heizen oder (in heißen Ländern) zum Kühlen brauchen. Ich werde gebaute Beispiele zeigen und komme am Ende zum wesentlichen Punkt zu „Schluss mit Solarbau“:

1996 unterzeichneten 30 namhafte Architekten z.B. Norman Foster, Ralf Erskine, Hermann Herzberger, Henning Larsen, Frei Otto, Renzo Piano, Richard Rogers die erste europäische Charta für Solarenergie in Architektur und Städtebau.

Schon in der Präambel steht: „Rund die Hälfte der in Europa verbrauchten Energie dient dem Betrieb von Gebäuden, hinzu kommt der für den Verkehr aufgewendete Anteil in Höhe von über 25%. Für die Bereitstellung dieser Energie werden in großem Umfang nicht wiederbringbare, fossile Brennstoffe verbraucht,die künftigen Generationen fehlen werden. Zu ihrer Erzeugung sind Umwandlungsprozesse erforderlich, deren Emissionen sich nachhaltig negativ auf die Umwelt auswirken. Zudem verursachen rücksichtslose Intensivbewirtschaftung und zerstörerische Rohstoffausbeute sowie ein weltweiter Rückgang der Agrarflächen eine zunehmende Verringerung der natürlichen Lebensräume.“

Der dritte Absatz dieser Charta beginnt mit:

„In diesem Zusammenhang ist die Rolle der Architektenschaft als verantwortlicher Profession von weitreichender Bedeutung. …“

Der letzte Absatz ist Anlass für mein Plädoyer: „Zur Durchführung dieser Forderungen sind die derzeit bestehenden Ausbildungsgänge, Energieversorgungssysteme, Finanzierungs- und Verteilungsmodelle, Normen und Gesetze den neuen Zielsetzungen anzupassen.“

Und zuletzt das wichtigste Zitat aus dieser Charta. Gefordert, geschrieben 1996, vor 25 Jahren:

„Schulung und Weiterbildung von Architekten und Ingenieuren müssen in aufeinander abgestimmten Systemen auf unterschiedlichem Niveau unter Einsatz neuer Medien bedarfsbezogen erfolgen.  Hochschulen und Berufsverbände sind aufgefordert, entsprechende Angebote zu entwickeln.“

 

Vor 25 Jahren!

Was anfangs noch notwendigerweise als Sonderthema im Lehrplan platziert war, sollte, nein – muss, heute integraler Bestandteil im Architekturstudium, im Bauingenieurstudium, in allen Bauberufsausbildungen sein.

Daher: Schluss mit dem Sonderfach „Solarbau“

Stattdessen rege ich an:

Solares, energieeffizientes, nachhaltiges, zirkuläres, etc. muss in ALLEN Unterrichtsfächern der Architekturausbildung ganz selbstverständlich integriert sein und gelehrt werden.

Jede und jeder, der in einer der Bauberufsausbildungen lehrt, unterrichtet, vorträgt muss am Stand des Wissens sein und dieses in sein jeweiliges Fach integrieren: Hochbau, Tiefbau, Baustofflehre, Entwurfslehre, Städtebau, Geschichte, … egal wie es heißt, überall. Immer.

Ich fordere Euch, lehrende Kollegen und Kolleginnen, egal ob Professor, Professorin, Assistentin oder Assistent, selbstverständlich auch alle Lehrbeauftragten auf: Eignet Euch das heute notwendige Wissen an, ihr habt – was das Thema Energie und Umwelt angeht – in Eurer Ausbildung Wissen von vorgestern gelernt. Bildet Euch weiter. Bringt Euer Wissen auf den aktuellen Stand. Besucht nicht nur schöne Architekturvorträge, sondern besucht Seminare zum Thema Energie und Umwelt. Lernt!

Ich bitte Euch Studierende, nein, ich fordere Euch Studierende: seid neugierig, seid hartnäckig, schaut nach, fragt nach, fordert ein, fordert Beweise ein. Jegliche Bauaufgabe kann, soll und muss urenkeltauglich sein.

Lasst Euch nie auf alte Fahrwasser ein, welche angeblich immer funktioniert haben sollen, weil doch so oft …..  .

Fordert Eure Professorinnen und Professoren, Assistenten und Assistentinnen und natürlich auch die diversen Lehrbeauftragten, aber auch Eure Arbeitskollegen und Chefs.

Ihr habt das Recht. Dann schaffen wir es, wenigstens das 2 Grad Ziel zu erreichen. Dass sich die Temperatur der Erde um maximal 2Grad erwärmt.

 

Der Klimawandel ist also zum Großteil von uns, von der Architektur, verursacht. Das kann man beklagen. Man kann an der Tatsache aber auch etwas Positives finden: Was wir gemacht haben, das können wir auch ändern. Bautechnisch und Haustechnisch ist alles dafür da.

Wir sind also nicht hilflos.

 

Hier der offizielle Einladungstext:

am kommenden Mittwoch werde ich nach 26 Jahren zum letzten Mal an der Kunstuni Linz reden und lade Dich dazu herzlich ein. Ich würde mich freuen, wenn Du kommen könntest. Ich habe gerne unterrichtet und würde es auch gerne weiterhin. Aber … und das werde ich in meinem Plädoyer begründen. Der zweite Teil ist eine unterhaltsame Überraschung und danach gibt es Vorarlberger Bergkäse und ein paar Flaschen Wein bringe ich auch mit.

 

Termin und Ort

Mi, 13. Okt. 2021 ab 16 Uhr

Sofa-Hörsaal 

Hauptplatz 6, 4. OG

 

Kommentare zu meinem Vorhaben Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Ich wurde auch bereits ein wenig geschimpft dafür, es spricht natürlich auch einiges gegen die Abschaffung, na klar. Aber …

 

Mit sonnigem Gruß

Helmut Krapmeier

kunstuniversität linz | die architektur

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

+43 660 65 50 131

www.ufg.ac.at/architektur

 

www.zeitverein.com

 

PS: Nach meinem Plädoyer folgt der zweite Teil, eine Erzählung mit Bildern über eine Reise zu zwei Vorträgen über den Staatspreis Architektur und Nachhaltigkeit und über die detaillierten Lebenszykluskosten eines „Niedrigstenergiehauses“ (was für ein Begriff, auch nicht besser als Passivhaus). Diese Reise war allerdings speziell, denn ich bin mit nur vier Zügen 21.000 km gefahren. Das dauert! Einfache Strecke und das gleiche wieder retour. Diese Erzählung scheint gut zu sein, denn ich wurde bereits viermal in Deutschland und zweimal in die Schweiz eingeladen diesen unterhaltsamen und doch auch mit Fakten zu Energie-Umwelt-Architektur versehenen Reisebericht zu präsentieren.

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